INTERVIEW: BOSCH REXROTH
„Dem Vertrieb Erfolge bescheren“
Sie und Ihr Team arbeiten seit zwei Jahren daran, eine kanal- und siloübergreifende Strategie zu entwickeln. Welche Stoßrichtung verfolgt Ihr digitales B2B-Marketing?
Silke Lang: Unsere Aufgabe in der B2B-Kommunikation ist es, mit dem Online-Bereich den Vertrieb zu beflügeln: Wir generieren Neugeschäft, indem wir die Bedürfnisse des Sales-Bereichs aufgreifen. Und indem wir Wissen aufbauen, über welche Kanäle und Angebote sich etwa Maschinenbauer und Ingenieure informieren – je nach Einkaufszyklus und Projektierungsphase.
Zu welcher Schlüsselerkenntnis sind Sie gelangt?
Lang: Unsere Zielgruppen sind privat viel im Internet unterwegs und nutzen E-Commerce-Angebote absolut selbstverständlich. Diese Gewohnheit nehmen sie auch in ihr berufliches Umfeld mit. Das veranlasst uns, die Customer Journey genauer zu betrachten und Maßnahmen zu entwickeln, mit denen wir unsere Interessenten und Kunden auf deren Reise „gefasst“ kriegen.
Wie setzen Sie diese Erkenntnisse um?
Lang: Erstens fragen wir bei den Kunden vor Ort nach. So erfahren wir, ob und wie ihnen beispielsweise Online-Konfiguratoren den Umgang mit Produkten erleichtern und wie wir den Aufwand für sie gering halten.
„Wir waren uns anfangs nicht sicher, ob wir gerade auf Facebook unsere Zielgruppen erreichen“
Und zweitens?
Lang: Seit drei Jahren fahren wir Social-Media-Aktivitäten – obwohl wir uns anfangs nicht sicher waren, ob wir gerade auf Facebook unsere Zielgruppen erreichen würden. In Deutschland, später in Gesamt-Europa, haben wir tatsächlich mit Facebook angefangen. Unsere amerikanischen Kollegen sind indes mit Twitter gestartet und haben dann auf LinkedIn erweitert. LinkedIn haben wir mittlerweile auch in unserem deutschen Social-Media-Portfolio. Und wir betreiben einen Youtube-Channel, in dem wir Produkt- und Erklärvideos („How to“) teilen.
Diese Social-Plattformen unterscheiden sich nicht nur bei Zielgruppen und Nutzungspräferenzen, sondern variieren in ihrem Nutzwert auch von Land zu Land. Wie greifen Sie diese Unterschiede auf?
Lang: Trotz unseres zentralen Facebook-Kanals auf Englisch bleibt die marktspezifische Social-Kommunikation Ländersache. So können wir unsere Nutzerzahlen pro Markt deutlich steigern. Selbst innerhalb der DACH-Region differenzieren wir. Dennoch profitieren wir vom Input der Niederlassungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie von der engen Zusammenarbeit der deutschsprachigen Einheiten von Bosch und Bosch Rexroth. Wir spielen uns beispielsweise gegenseitig Themen zu.
Welche Kontaktpunkte nutzen Sie neben Social Media noch entlang der Customer Journey?
Lang: Zur Interessentengewinnung nutzen wir Messepräsenzen, geben den kategorisierten Kontakt über unser CRM-System weiter und reichern den Kontakt mit Informationen aus dem Marketing an. Im Pre-Sales-Bereich arbeiten wir mit spezialisierten B2B-Callcentern zusammen, um Interessenten im Marketing-Funnel weiterzuqualifizieren beziehungsweise um die Werbeerlaubnis für weitere Kanäle einzuholen – etwa für Social Media oder den Empfang eines E-Mail-Newsletters. Auch beim Telefonnachfass zu einem Kontakt qualifizieren wir Affinitäten zu bestimmten Angeboten und Fachthemen.
„Zielgruppen mit hohem Potenzial regelbasiert und automatisiert mit Kampagnen ansprechen“
Welche Prozesse hat das Bosch-Rexroth-Marketing bereits automatisiert?
Lang: Der menschliche Kontakt ist im Vertrieb grundsätzlich wichtig. Abgesehen davon, dass wir zwei alternative E-Mail-Betreffzeilen an Stichproben testen und die erfolgreichere Variante ausrollen, läuft Vertriebskommunikation ein Stück weit händisch. Perspektivisch werden wir A-Kunden, also Zielgruppen mit hohem Potenzial, regelbasiert und automatisiert mit Kampagnen ansprechen: etwa mit Produktinformationen, die der Kunde noch nicht kennt. Wir können so auch an neue Ansprechpartner kommunizieren oder zu Newslettern und Veranstaltungen einladen.
Welches war Ihr bestes digitales Erlebnis?
Lang: Bei der Einführung unseres Social Marketings haben wir ein strategisches Framework festgelegt: Wer antwortet? Wie oft? Wie setzt sich die Redaktion zusammen? Wie kommt der Vertrieb, etwa bei technischen Fragen, ins Boot? Wie gehen wir mit schlechter Publicity um? Wie schnell reagieren wir? – All das haben wir vorab geklärt und sind gut und ohne große Schmerzen ins Social Marketing gestartet.
„Probieren Sie aus, anstatt ein halbes Jahr zu zögern und wertvolle Zeit zu verlieren“
Welches sind Ihre größten digitalen Schmerzpunkte?
Lang: Es gestaltete sich vor allem anfangs schwierig, über Social Media Marketing die kritische Masse zu erreichen. Einen Schub hat uns erst gezielte Werbung, für mehr Reichweite innerhalb unserer Zielgruppen, beschert. Unsere Kommunikationsangebote nach außen zu tragen, hat im ersten Jahr unterm Strich vor allem einiges an Zeit gekostet. Dafür haben wir viel über Paid gelernt: Welche Themen fliegen? Wie ticken unsere Zielgruppen? Und, dass Authentizität nicht nur im Social Marketing das A und O ist.
Welchen Digitalisierungstipp geben Sie anderen B2B-Marketeers mit?
Lang: Machen Sie sich Gedanken über Ihre Ziele, wie Sie den Vertrieb gezielt unterstützen und ihm dadurch Erfolge bescheren können. Gehen Sie dabei pragmatisch vor. Entwickeln Sie Ihre Strategie schnell, probieren Sie aus, korrigieren Sie, anstatt ein halbes Jahr zu zögern und wertvolle Zeit zu verlieren. Auch in Großunternehmen gibt es hierfür mittlerweile mehr Spielraum. Vernetzen Sie sich ferner frühzeitig mit dem Vertrieb, um Kundenerfahrungen in Ihre Strategie einzubetten. Finden Sie konkrete Vorstellungen und Anforderungen heraus. Sie müssen wissen, mit welcher Strategie das Sales-Team an welchen Themen dran ist.
Nur mittels einer engen Abstimmung können Sie eine Vertriebskampagne schlagkräftig unterstützen …
Lang: Erst, wenn die Silos fallen, werden das Marketing und der Vertrieb eng abgestimmt die gleiche Sprache sprechen und damit glaubwürdig am Markt agieren.
Das Interview führte Kristina Schreiber